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10 DRK ZEITUNG drk redaktion INTERVIEW „Die Rückkehr ist am schwierigsten“ Lars Werthmann ist hauptamtlicher Mitar- beiter in der Geschäftsstelle des Kreisver- bands Dippoldiswalde. Sein Leben hat er der Hilfe verschrieben: Mindestens einmal im Jahr findet man ihn deshalb in den ent- legensten Winkeln der Welt über die ge- rade Krieg, Hunger oder Naturgewalten hinweggezogen sind. Was ist ihre Motivation sich das jedes Mal aufs Neue anzutun? Meinen ersten Einsatz hatte ich 2010. Da- mals gab es gerade ein schweres Erdbe- ben auf Haiti und ich bin im Auftrag des Technischen Hilfswerks für mehrere Mo- nate vor Ort gewesen, um die Trinkwas- serversorgung zu sichern. Wenn man da sieht, wieviel Leid und Not mit einfachsten Mitteln bekämpft werden kann, kommt man einfach nicht mehr los von dem Wunsch bei der nächsten Katastrophe wieder zu helfen. Braucht man für diese Auslandseinsät- ze eine bestimmte Ausbildung? Die Helfer bringen ihre berufliche Kom- petenz ein und werden dann für Einsätze ausgesucht, wo diese Fähigkeiten ge- braucht werden. Natürlich gibt es in der Vorbereitung auch Lehrgänge und Impf- programme, die man absolvieren muss. Aber eigentlich kann jeder helfen, wenn er das innerhalb einer Organisation tut, die den professionellen Überblick hat. Man kann also nicht auf eigene Faust in diese Regionen reisen und helfen? Nein! Da rate ich ganz klar ab. Die Infra- struktur ist meistens schon völlig überlas- tet und Einzelkämpfer sind da völlig fehl am Platze. Manchmal machen auch klei- ne Gruppen mit viel Geld den Markt für Lebensmittel, Wasser oder Arznei völlig kaputt und erschweren den Hilfsorganisa- tionen damit unnötig die Arbeit. Helfen ist toll, aber immer nur gemeinsam. Wie oft sind sie unterwegs und was sagt ihr Arbeitgeber dazu? Als DRK-Mitarbeiter bin ich in der guten Position, dass die Kollegen alle großes Verständnis für meine Aktionen haben. Sie wissen, dass diese Arbeit gemacht werden muss – im Inland oder im Ausland. Wenn ich von einem Einsatz zurückkomme, wer- de ich manchmal gefragt ob ich einen Vor- trag halten könnte oder meine Erfahrungen weitergeben möchte. Diese Wertschätzung freut mich sehr, denn mir ist beides wich- tig: sowohl die Arbeit beim DRK als auch die Katastrophenhilfe im Ausland. Wie läuft so ein Einsatz eigentlich ab? Meistens bekomme ich durchs Fernsehen schon vorher etwas mit und verfolge das natürlich im eigenen Interesse sehr ge- nau. Wenn dann das Telefon klingelt und eine 28er Vorwahl zu sehen ist, weiß ich, dass Bonn anruft und dass ich im Team bin. Es gibt bei solchen Katastrophen im- mer zeitversetzt mehrere Hilfsteams, die dann jeweils die Arbeitsgrundlage für das folgende Team bereiten. Im vergangenen Jahr gehörte ich bei dem schweren Tai- fun auf den Philippinen zum „Team Eins“. Da kommt man am Flughafen an und klärt von da an alles ohne fremde Hilfe – also Transfer, Unterkunft, Arbeitsschwerpunk- te. Da muss man schon ein bisschen flexi- bel sein und sich den Gepflogenheiten vor Ort schnell anpassen können. Die eigent- liche Arbeit hängt dann vom Unglück ab: Zelte aufbauen, Trinkwasserversorgung sichern, Müllabfuhr sichern usw. Es sind in der Regel logistische Herausforderun- gen. Darin bin ich Profi. Was man dann dort erlebt, sind Dinge und Bilder die man nie vergisst – schöne Sachen, aber auch grässliche. Das gehört einfach dazu und motiviert mich persönlich immer wieder zu helfen. Nach ein paar Monaten erfolgt die Rückkehr nach Deutschland. Der per- fekte Moment ist dann, wenn mich meine Frau vom Flughafen abholt. Wie ist das dann, nach so einer Zeit wieder seinem normalen Alltag nach- zugehen? Das ist gar nicht so einfach. Die Rückkehr ist eigentlich immer am schwierigsten, denn die Probleme auf die man hier trifft, sind im Vergleich zu den erlebten meist ganz klein. Da muss ich mich immer erst einmal daran gewöhnen, dass auch diese kleinen Sorgen angegangen werden müssen, weil sie die Menschen einfach stark bewegen. Ansons- ten dient mir die Auslandshilfe aber als per- sönliche Erdung. Nach vierzehn Tagen bin ich dann wieder ganz in meinem deutschen Leben und habe genauso kleine Sorgen wie alle anderen auch. Haben Sie Tipps für uns? Wer sich das zutraut, sollte auf jeden Fall einmal solch eine Auslandserfahrung ma- chen. Aber bitte nicht mit einem Abenteu- erurlaub verwechseln: Es ist physisch und psychisch anstrengend! Deswegen soll- ten auch private oder berufliche Probleme gelöst werden bevor man sich zu einem Einsatz meldet. Diese Dinge müssen zu- hause bleiben können. Vielen Dank für das Gespräch! Fotos: Lars Werthmann

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